Ludwig Apfelbeck

Ludwig Apfelbeck wurde 1903 in Graz (Österreich) geboren, einer Stadt mit langer Motorsporttradition. Die Firma Puch führte dort auf der kurvenreichen Bergrennstrecke zur Ries ihre Testfahrten durch und erregte so die Aufmerksamkeit des jungen Apfelbeck. So war es auch nicht verwunderlich das ein 500 ccm Puch Motor von 1909 mit automatischem Saugventil das erste Studienobjekt des technisch interessierten Gewerbeschülers wurde. Durch einige Änderungen an der Ansaugsteuerung und an der Abreißzündung konnte er die Leistung des Motors soweit steigern, das die Maschine statt vorher 40 km/h nun fast 80 km/h  Höchstgeschwindigkeit aufwies. Bereits 1922 machte sich Ludwig Apfelbeck daran seinen ersten eigenen Motor zu bauen. Die Überlegung dabei war, wie man den Strömungswiderstand den die in den Ansaugkanal hineinragenden Ventilführungen den Gasen auf ihren Weg  in den Zylinder entgegen setzen,  verringern könnte. So führte er zwei Kanäle so an das Einlassventil heran das sie sich erst direkt über dem Ventilteller vereinigten. Die Gemischzufuhr war dabei nur über einen Fallstromvergaser möglich den Apfelbeck in diesen Zusammenhang gleich mit erfand. Doch alle Firmen denen er seinen Motor anbot winkten dankend ab, da sie sich nicht vorstellen konnten das ein Vergaser der von oben nach unten ansaugt ohne den Motor zu überfluten funktionieren könne.
Erst einige Jahre später als die ersten Vierventilzylinderköpfe von Rudge, Triumph und Guzzi auf den Markt kamen entflammte Apfelbecks Interesse an Viertaktmotoren erneut. Er hatte in der Zwischenzeit mit einem Freund in Waltendorf bei Graz eine Autowerkstatt eröffnet und erkannte sehr schnell das die Vierventilköpfe ständig Überhitzungsrisse zwischen den Auslassventilen bekamen und schon nach kurzer Laufzeit instandgesetzt werden mußten. So entwickelte Apfelbeck im Jahre 1931 einen eigenen Wassergekühlten Vierventil- Zylinderkopf auf Basis des luftgekühlten Rudge wobei die ApfelbeckVollradial-1Einlassventile nicht nebeneinander sondern gegenüberliegend angeordnet waren somit aber auch zwei Vergaser und zwei sich kreuzende Auspuffrohre erforderlich waren. Vorteile dieser Konstruktion waren zum einen eine bessere Kühlung und eine bessere Zylinderfüllung durch die gegeneinander gerichteten Gasströme .Außerdem konnten die Ventilquerschnitte grösser ausfallen da ja immer zwei gegenüberliegende Ventile gleichzeitig öffneten. Da sich die Regulierung der zwei Vergaser sehr schwierig gestaltete und der Motor sich ständig verschluckte entwickelte Apfelbeck eine Registerbetätigung der Vergaser. Getestet wurde auf einer 600m langen Versuchsstrecke bei Peggau bis sich der gewünschte Erfolg einstellte und Apfelbeck das ganze im Renneinsatz ausprobieren  wollte. Der Motor wurde in ein Sandbahnfahrgestell eingebaut mit dem der junge Grazer Bahnfahrer Altenburger an einen Rennen auf der 1200m Bahn in Kriau am Wiener Prater teilnahm, welches er trotz Schaltschwierigkeiten überlegen gewann. Nun war der Name Apfelbeck zumindest schon in der Bahnsportwelt ein Begriff und der Tüftler meldete seine Ventilanordnung auf eigene Kosten zum Patent an. Mit diesem Patent in der Tasche wurde Apfelbeck bei der Industrie u.a. bei Daimler-Benz in Stuttgart oder NSU in Neckarsulm vorstellig die aber seinen Gedanken nicht folgen konnten und ablehnten. Im Oktober 1939 fing er schliesslich in der Motorenabteilung von BMW an, wurde aber  mit Beginn des Krieges als Prüfstandsingenieur für Flugmotoren zur Berliner BMW-Zweigstelle versetzt.


Auch wenn hier auf dem linken Foto aus der Brandstetter Sammlung 175 ccm steht, handelt es sich dennoch um den 125er Motor mit dem Braunstein und Franz Albert erfolgreich waren. Auf dem oberen Bild ist der Zylinder- kopf  mit der Nockenscheibensteuerung nochmal einzeln zu sehen. Durch die schlecht gekühlte Zündkerze kam es oft zu ausfällen.

Nach dem Krieg war auch Ludwig Apfelbeck recht mittellos so das ihm das Angebot des Welser Marmela- denfabrikanten Horst Bartenstein, für ihm zwei Motoren zu bauen, sehr gelegen kam. Er baute für Bartenstein einen konventionellen Zweiventiler mit 250 ccm und Zündapp Zylinderkopf und einen 250er JAP mit neu konstruierten Vierventilzylinderkopf mit zwei Ver- gasern der aus vollem Material gefräst wurde. Danach konstruierte Apfelbeck für den Grazer Bahnfahrer Max Braunstein eine sehr interessante 125 ccm Bahnrennmaschine die mit vollradialen Vierventilzylinderkopf versehen war und mittels einer über Königswelle ange- triebenen Nockenscheibe die Ventile betätigte. Die Nockenscheibe saß auf einer hohlen Welle durch die man die Zündkerze erreichte. Dieser Motor drehte bereits damals 12000 Umdrehungen in der Minute und war unter Braunstein und später auch unter Franz Albert fast unschlagbar, aber nur wenn der Motor durchhielt .


1952 baute Ludwig Apfelbeck eine ganze Kleinserie von 500ccm Bahnmotoren für die bekannten Brüder Karl und Leopold Killmeyer aus Wien. Dieser Motor hatte vier diametral angeordnete Ventile die über Stossstangen betätigt wurden sowie zwei Vergaser und zwei Auspuffe. Der mit Methanol betriebene Motor hatte eine Bohrung von 80 mm und einen Hub von 99 mm und gab bei einer Drehzahl von 9000 Umdrehungen pro Minute eine Leistung von 55 PS ab. Die Brüder Killmeyer waren mit diesem Motor sehr erfolgreich und fuhren nicht weniger als 240 Siege damit ein. Der ältere der Brüder, Poldi Killmeyer ,der bereits vor dem zweiten Weltkrieg dreimal Vizeweltmeister wurde und auch nach dem Krieg weiter erfolgreich war ( u.a. mehrmals Staats,- und Europameister), hatte nicht nur wegen seiner Erfolge sondern auch wegen seines gewinnenden Wesens in ganz Europa einen hohen Bekanntheitsgrad und verhalf so auch seinen Tuner Ludwig Apfelbeck zu großer Anerkennung. So wurde auch die deutsche Firma Horex auf den Grazer Aufmerksam und engagierte ihm als Versuchsleiter wo er zwar vielseitig eingesetzt wurde,  aber bei seinen Konstruktionen ständig in den Schranken verwiesen wurde weil der Hersteller großen Wert auf Seriennähe legte. So entstand ein 350 ccm  Twin mit 2 Ventilen pro Zylinder der zumindest beim Nockenantrieb die Handschrift Apfelbecks trägt.


Links die von Poldi  Killmeyer gebaute Sandbahnmaschine mit Hinterradfederung in Monocoque Bauweise und  500cc Apfelbeck Motor. Daneben der für Alkoholbetrieb ausgelegte Apfelbeck Motor mit zwei jeweils vor und hinter dem Zylinder liegenden  Nockenwellen , die über kurze Stoßstangen die vier Ventile betätigen.


Der Vierventil Diametral Apfelbeck Motor der Gebrüder Killmeyer in Einzelteilen.

Der gefederte Killmeyer Monocoque-Rahmen mit dem der Wiener sowohl Speedway aus auch Sandbahnrennen bestritt.


Nach seinem Abschied bei Horex  und einem kurzen Gastspiel bei Maico, wo er Moto Cross Motoren baute, ging Ludwig Apfelbeck zurück nach Österreich wo er bei KTM in Mattighofen für das neu aufgestellte  Werksteam 125 ccm Rennmotoren baute. KTM Apfelbeck-Horex-4verwendete in jener Zeit Einbaumotoren von Rotax  die in das erste Modell R 100 eingebaut wurden. Da die Rennresultate nicht den gewünschten Erfolg  brachten, verpasste Apfelbeck einem käuflichen 125 ccm MV-Rennmotor einen kettengetriebenen Doppelnocken Zylinderkopf, der danach ca. 20 PS leistete und mit einem Ziehkeil- Getriebe mit sechs Gängen ausgestattet war. Gefahren wurde die Maschine unter anderen von Erwin Lechner aus Salzburg,  der es in seiner Karriere zu sieben Nationalen Meistertiteln brachte. Als nach einigen Meistertiteln 1957 das Interesse von KTM am Rennsport nach lies, ging Apfelbeck  wieder zurück zu BMW nach München. Dort übernahm er den Posten des Versuchsleiters und war maßgeblich an der Entwicklung des 700er BMW beteiligt. Im Endstadium seiner Entwicklung brachte es der Zweizylinder Boxermotor mit Königswelle und 850 ccm in der Rennausführung auf stolze 94 PS bei 9000 U/min. Unter anderen kam der Motor unter Hans Stuck senior zu Meisterehren. 


Von Apfelbeck umgebauter BMW Stoß- stangenmotor der R69, dem Apfelbeck nadel- gelagerte Rollenstößel verpasste. Durch neue Zylinderköpfe mit asymmetrischen Ventilwinkeln und großen Ansaugkanälen für 38er Vergaser konnte die Leistung des 600 ccm Motors auf  65 PS gesteigert werden. Ein solcher Motor wurde im Gespann eingesetzt und gewann sogar die Nationale Jugoslawische Meisterschaft.

Auch diesen RS-Motor mit Königswelle baute Apfelbeck fürs Gespann um.Dieser Motor dessen Gehäuse in der Mitte teilbar ist, hat eine aus drei Teilen gekoppelte, durchlaufende Königswelle welche durch ein Kegelradpaar angetrieben wird. Die Zylinderköpfe haben Einnockensteuerung mit jeweils einem Kegelradpaar pro Kopf, also insesamt 6 Kegelräder statt deren 8 beim orginalen RS-Motor.


Apfelbeck-Rinzner-Trotz seines Engagements bei BMW fand Ludwig Apfelbeck immer wieder Zeit um zusammen mit technisch versierten Bahn und Strassenrennfahrern interessante Motorumbauten und Neuentwicklungen zu kreieren. Auch der Österreicher Alfred Rinzner aus Kirchschlag, der 2007 im Alter von nur 67 Jahren verstarb war durch seine Zusammenarbeit mit  Ludwig Apfelbeck massgeblich an  weiter- undauch Neuent- wicklungen beteiligt. Der Kfz- Meister mit eigener Werkstatt und Tankstelle, war Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre einer der besten österreichischen Speedwayfahrer und stand mehrmals im Nationalteam. Seinen grössten Erfolg feierte er allerdings im Jahre 1970 mit der Erringung des Nationalen  Meistertitels. Die hier gezeigten Bilder zeigen zeigen einen Querschnitt seiner Maschinen und  Motoren die er zusammen mit Apfelbeck baute. Auf den  beiden linken Bildern ist der letzte von Apfelbeck und Rinzner gemeinsam entwickelte 500er Mo- tor mit Stos-stangen zu sehen. Ursprünglich waren auch bei diesen Motor zwei 30 mm Vergaser montiert. Da aber Anfang der 70er Jahre Mehrvergaser- motoren verboten wurden ist hier das Ansaugrohr so modifiziert worden das beide Kanäle über einen Vergaser gemeinsam mit Kraftstoff versorgt werden. Auch ist dieser Motor bereits mit einer neuartigen Zündanlage ausgestattet

RinznerPortrait


Hierbei handelt es sich um einen 350 ccm ohv Apfelbeck Motor bei dem allerdings Zylinder und Zylinderkopf fehlen. Auf den mittleren Bild ist das Zwischenzahnrad zu sehen, welches die Motordrehzahl auf Nockenwellendrehzahl halbiert und dann über das vordere kleinere Zahnrad mittels einer Kette die oben liegende Nockenwelle antreibt. Falls ein Besucher ein Foto besitzt auf dem der komplette 350er Apfelbeck Motor zu sehen ist, würden wir uns über die Zusendung sehr freuen.


Bei diesem Apfelbeck Motor, bei dem es sich ursprünglich um den der alten OHV Motor handelt, wurde ein neuer Zylinderkopf mit DOHC Steuerung montiert.Beide Nockenwellen wurden hier einzeln über Ketten angetrieben, wobei aber das besondere an diesem Motor die schräg geschliffenen Nocken darstellten.Dieser Motor wurde vom Gespannfahrer Ernst Kussin, der 1998 im Alter von 80 Jahren verstarb, eingesetzt. Kussin war gebürtiger Deutscher, erhielt aber nach dem Krieg die österreichische Staatsbürgerschaft und war in den Jahren 1952/53 und 1955 österreichischer Gespannmeister. Auch Herrmann Gunzenhauser soll einen solchen Motor im Solofahrgestell gefahren haben.


Auch der gebürtige Gröbenzeller Bahnfahrer und gelernte Maschinenbauer Fred Aberl arbeitete mit Apfelbeck zusammen und startete in seiner fast 30 jährigen Bahnfahrerkarriere mit mehreren ver- schiedenen Apfelbeck Motoren. Der auf den beiden oberen und dem linken Bild zu sehende Apfelbeck Motor stellt eine Besonderheit dar, denn das Motorgehäuse ist bereits , wie heute all- gemein üblich,  in der Mitte teilbar und nicht nur von der Seite zugänglich. Auch dieser Motor verfügt über einen vollradialen Zylinderkopf und ist mit zwei Vergasern ausgestattet. Das an der rechten Seite am Tank angebrachte Kästchen beherbergt einen Gaszugverteiler um beide Gasschieberkolben gleichzeitig betätigen zu können. Wegen dem sehr steilen Einlaßwinkel konnten die Vergaser nur mit einer Seitenkammer betrieben werden. Der Apfelbeck Motor ist hier in einem SGM-Rahmen mit Gummibandfederung eingebaut. SGM steht dabei für” Sepp Giggenbach Mühldorf”, einen bekannten Bahnfahrer und Europameister der Vor,- und Nachkriegszeit der in Mühldorf eine Kfz- Werkstatt mit Tankstelle betrieb, die später von Fred Aberl übernommen wurde. Hier baute Aberl später auch eigene Fahrgestelle und tunte Motoren.


 Fred Aberl mit seinem JAP-Apfelbeck Umbau der hier in einem Rahmen des Norwegers Jon Ödegaard eingebaut ist.


Apfelbeck-Kurbelwelle-1Im Gegensatz zu Serienmotoren,  sind Kurbelwellen von Racingmotoren  teilbar ausgeführt. Dies ist notwendig weil Racingpleuel wegen der hohen Drehzahlen stets mit Rollenlagern versehen sind die einen sehr präzise gearbeiteten Kurbelzapfen verlangen. Die Kurbelwangen dienen hier gleichzeitig als Schwungscheiben bei de- nen das Gegengewicht durch Aussparungen oder gebohrten Löchern hergestellt wird. Für die Verbindung des Kurbelzapfens mit den Schwungscheiben wählte Apfelbeck hier das Klemmverfahren. Der Zylindrische Kurbelzapfen wird hier unter leichten Pressitz in die Bohrungen der Kurbelwangen eingepaßt. Die Bohrungen sind nach oben hin mit Schlitzen versehen, die mittels einer Zugschraube zusammengepresst werden und dadurch den Kurbelzapfen fest umschliessen.


Dieser Bericht  ist ein Ausschnitt aus dem Leben und Wirken des findigen Ingenieurs Ludwig Apfelbecks und den Leuten die ihm halfen und seine Motoren erfolgreich im Renneinsatz bewegten. Man könnte noch viel mehr über den Grazer berichten, jedoch soll hier hauptsächlich über die Motoren berichtet werden die auch im Bahnsport eingesetzt wurden. Ludwig Apfelbeck hat über seine Ideen ein Buch mit den Titel “Wege zum Hochleistungs Viertaktmotor” geschrieben, in dem er dem interessierten Motorentuner ziemlich genaue Anleitungen zeigt wie Zylinderköpfe, Nockenwellen usw. berechnet und in Eigenregie hergestellt werden können. Ludwig Apfelbeck starb im März 1987 in seiner Heimatstadt Graz.

Ich danke Bennie Ludolphy und allen anderen die mit Text und Fotomaterial zu diesen Bericht beigetragen haben.

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