Motorsteuerung bei Bahnmotoren

Der Aufbau der Motorsteuerung, vor allem die Anordnung der Ventile,  beeinflußt die Bauweise eines Bahnmotors. Der Antrieb der Steuerung erfolgt vom Kurbelwellenrad , welches als Zahnrad , Kettenritzel oder als Zahnriemenrad ausgelegt sein kann. Vom Kurbelwellenrad aus erfolgt mittels Kette oder Zahnriemen der Antrieb der Nockenwelle welche dann über Kraftübertragungsorgane wie z.B. Kipphebel gegen eine Federkraft die Ein- und Auslaßventile öffnet.
Aufgabe der Motorsteuerung ist es den Einlaß der Frischgase in den Zylinder und den Auslaß der Abgase zu bestimmten Zeitpunkten, das heißt bei einer bestimmten Entfernung des Kolbens von den Totpunkten zu ermöglichen. Dabei wird der Abstand des Kolbens von den Totpunkten nicht in Millimeter sondern in Grad Kurbelwinkel angegeben.
Da sich beim Bahnmotor ein Arbeitsspiel über vier Takte, also zwei Kurbelwellenumdrehungen erstreckt und die Ventile dabei nur einmal betätigt werden, darf sich die Nockenwelle nur halb so oft wie die Kurbelwelle drehen. Das Nockenwellenrad muß also doppelt so viele Zähne wie das Kurbelwellenrad haben. Bei den heutigen Bahnmotoren handelt es sich durchweg um obengesteuerte Motoren mit im Zylinderkopf hängenden Ventilen wobei mit obengesteuert nicht die Lage der Nockenwelle gemeint ist, sondern das sich die Ventile oberhalb der vom Kolben durchlaufenden Zone befinden.
Je nach Anordnung und Anzahl der Nockenwellen werden die Motoren mit den englischen Begriffen OHV, OHC, SOHC, oder DOHC bezeichnet.

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Beim Weslake ohv (ohv = over head valve) erfolgt die Betätigung der Ventile von der untenliegenden Nockenwelle über Ventilstößel, Stößel stange und Kipphebel. Die Kipphebel haben ihren Drehpunkt in der Mitte des Hebels, der Kipphebelachse ist mit Lagerböcken auf dem Zylinderkopf befestigt .

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Auch bei einem der ersten Bahnmotoren dem Jawa 890 handelt es sich um einem ohv Motor allerdings mit zwei einzelnen Nocken- wellen, während sich beim Weslake Einlaß- und Auslaßnocke auf einer einzigen Welle befinden. Obwohl es sich hier nur um einen Zweiventilmotor handelt, ist hier eine relativ lange Kipphebelwelle verbaut wodurch es zu Verwindungen und ungenauen Steuerzeiten kommt.


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Verschiedene OHV Ventilsteuerungen an Bahnmotoren früherer Jahre. Links der JAWA 890 mit zwei einzelnen über ein Zwischenzahnrad angetriebenen Nockenwellen .Die Stoßstangen können hier  recht  kurz gehalten werden wodurch der Kurzhuber eine Maximaldrehzahl von ca. 8000/min erreicht. In der Mitte der DR 500 von 1972 mit einzelner, ebenfalls über ein Zwischenrad angetriebener Nockenwelle und über Schlepphebel betätigten und gegabelten Stoßstangen, ein Prinzip welches hauptsächlich bei Flugmotoren zum Einsatz kommt. Der Langhuber mit dem auch heute noch gebräuchlichen Hub von 90 mm brachte es auf 60 PS bei 6800/min. Ganz rechts die Steuerung des mittlerweile fast hundert Jahre alten JAP Motors. Die Nockenwelle wird ohne Zwischenrad direkt von der Kurbelwelle angetrieben. Durch die tiefliegende Nockenwelle sind hier sehr lange  über rollengelagerte Schlepphebel betätigte Stoßstangen erforderlich..


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Beim SOHC Weslake ist die Nockenwelle platzsparend zwischen den V- förmig angeordneten Ventilen platziert .Einlaß und Auslaßnocken befinden sich auf der selben Welle. Das Kurbel- wellenzahnrad hat hier 23 Zähne und überträgt die Drehzahl über ein Zwischenrad auf ein wiederum  darüber liegendes Zahnrad mit 46 Zähnen. Von hier aus wird die um die hälfte reduzierte Drehzahl über eine Kette zur obenliegenden Nockenwelle übertragen.

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Beim Godden Motor hat man auf die Zwischenräder verzichtet und treibt die Nockenwelle mittels Kette direkt von der Kurbelwelle aus an. Das Nockenwellenrad muß hier natürlich relativ groß ausfallen, da es ja die doppelte Anzahl von Zähnen wie das Kurbelwellenritzel aufweisen muß. Wegen der relativ langen Steuerkette müssen hier beidseitig Führungs- schinen verbaut werden. Auch hier handelt es sich um einen SOHC Motor mit vier im Kopf hängenden Ventilen.


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Beim DOHC  (double overhead camshaft) Motor, hier der JAWA 895, befinden sich die Nockenwellen direkt über den Ventilen und öffnen diese  über Tassenstößel . Die Motordrehzahl wird hier über ein sich direkt über dem Kurbelwellenrad befindliches Zwischenrad bereits auf Nockenwellendrehahl reduziert. Die Steuerkette läuft über mehrere Führungsrollen.  

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Eleganter hat man das Ganze beim DOHC-Weslake gelöst. Auch hier wird die Motordrehzahl über ein Vorgelege bereits im Kurbelgehäuse reduziert. Über eine relativ kurze Steuerkette wird die Kraft auf ein zwischen den beiden obenliegenden Nockenwellen befindliches Zahnrad übertragen . Von hier aus erfolgt, ebenfalls über Zahnräder der Antrieb der beiden Nockenwellen .


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Hier der JAWA Typ 898, ein relativ moderner Bahnmotor mit OHC Steuerung über Kette. Die beiden Nocken sind hier mittig auf dem Zylinderkopf plaziert und öffnen die vier Ventile über rollengelagerte Kipphebel. 

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Der italienische GM ist der zur Zeit am meißten verwendete Bahnmotor. Auch hier kommt die OHC Steuerung über Kette zum Einsatz. Das Kurbelwellenrad hat hier 18 und das Nockenwellenrad 36 Zähne. Durch Längslöcher im Nockenwellenrad kann hier eine Feineinstellung der Steuerzeiten erfolgen.


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Der 2015 auf den Markt gekommene GTR 500 war der erste DOHC - Motor der mit Schlepphebeln versehen ist. Die Ventileinstellung erfolgt hier über Shims.

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 Bellini GPT 754 C Bahnmotor mit Nockenwellenantrieb über Stirnräder. Der Materialaufwand ist hier allerdings enorm.


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Tom Lamek mit dem Bellini GPT 754 C in Pfarrkirchen 2012

Bellini GPT754 C

Ein völlig anderen Weg ging der italienische Konstrukteur Paolo Bellini Anfang der 2000er Jahre als er einen DOHC Bahnmotor entwickelte bei dem der Antrieb der Nockenwellen durch mehrere übereinander angebrachte Stirnräder  erfolgte. Dieses Prinzip wurde früher häufig im Automobilbau u.a.bei Ford verwendet , es arbeitet sehr präzise und spielfrei und auch der Verschleiß hält sich in Grenzen. Nachteile dieser Bauart sind der hohe Materialeinsatz und die Geräuschkulisse die die Zahnräder abgeben. Außerdem ist das Ganze nicht gerade billig. Der Motor landete nach den Tod Bellinis bei Otto Lantenhammer der diesen ab und zu jungen Bahnfahrern u.a. Markus Eibl oder Tom Lamek zu Testzwecken zur Verfügung stellt.
Es gibt noch eine Reihe weiterer Möglichkeiten der Motorsteuerung , wie etwa die Königswelle, doch spielten sie nie eine große Rolle im Bahnsport und werden deshalb auch hier nicht weiter erwähnt.

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